In "Zukunft Mobilität" vom April 2018 geht Martin Randelhoff auf ein Thema ein, das künftig immer größere Bedeutung erhalten könnte. Es geht um die Frage, wie in ländlichen Räumen Mitnahmesysteme eine Lösung für die Mobilitätsfrage auf dem Lande werden und damit den ÖPNV ergänzen könnten.

Da jedoch sowohl auf Angebots-, wie auch auf Nachfrageseite ein "kritische-Masse"-Problem existiert, da oft nicht genügend Angebot, aber auch nicht ausreichend Nachfrage besteht, hat dies natürlich Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten. Gleichzeitig wirkt sich die Alterssituation aus (Tendenz zu weniger Schüler und mehr Senioren), insgesamt aber auch eine immer geringere Bevölkerungsdichte. Da ein klassischer Busverkehr hier nicht annähernd kostendeckend betrieben werden kann, vor allem auch in Tagesrandlagen, spielen Mitnahmemöglichkeiten durch den privaten PKW-Verkehr und damit neue Vermittlungsplattformen möglicherweise eine Rolle. 

Randelhoff glaubt, dass trotz zum Teil geringer Frequenz des ÖPNV dennoch kein Problem der Beförderungskapazität bestehe, da viele private PKWs auf dem Straßennetz ständig unterwegs sind, oft mit nur einer Person besetzt sind, so dass hier ein großes, ungenutztes Kapazitätsreservoir vorhanden ist. Das Problem ist "nur", die Fahrten der PKW-Besitzer mit den Beförderungswünschen der Bevölkerung in Deckung zu bringen, vor allem, wenn man sie für Hin- und Rückfahrt garantieren möchte und allzu weite Umwege vermieden werden sollen. 

Im Großraum Los Angeles wurde dies von einem Forscherteam (Tsao und Lin) untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass Einflussfaktoren sowohl die Arbeitsplatzdichte, wie auch die Pendlerentfernung sowie die Mitnahme-Entfernungen sind. Offensichtlich steigen die Mitnahmeoptionen bei größerer Arbeitsplatzdichte,. Allerdings nehmen sie (bei gleicher Arbeitsplatzdichte) mit zunehmender Mitnahme-Entfernung stark ab, da hier die Wahrscheinlichkeit für längere Umwege ansteigt. Flexibilität wird durch ein dynamisches Routing erreicht, bei dem die Mitfahrer entlang eines Weges "eingesammelt" werden. Hier kommen Matching-Algorithmen für Quelle-Ziel-Ridesharing zur Anwendung, wodurch erheblich mehr Übereinstimmungen von Angebot und Nachfrage ermittelt werden können. 

Zusätzlich zu räumlich-geometrischen Fragestellungen spielen jedoch auch individuelle Präferenzen eine Rolle, die diese Übereinstimmungen wieder reduzieren können. Hier werden z.B. Vertrauen in einer gewachsenen Umgebung mit bekannten Personen genannt, die meistens zu Fahrgemeinschaften unter Kollegen oder Nachbarn längerfristig wiederkehrend gebildet werden. Dynamisches Ridesharing, bei dem jede Fahrt einzeln auf der Plattform ausgehandelt wird, reduziert die Möglichkeiten auch aufgrund fehlenden Vertrauens bzw. weil man sich "fremd" ist. Auch das Geschlecht spielt hier eine Rolle, bei weiblichen Anbietern / Mitfahrern würden sowohl Männer, als auch Frauen mitfahren, bei männlichen Anbietern / Mitfahrern reduziert sich die Bereitschaft von Frauen, die Mitfahrgelegenheit zu nutzen. 

Aufgrund dieser räumlich-geometrischen Herausforderungen in Verbindung mit individuellen Präferenzen ist es fraglich, ob Ridesharing geeignet ist, die Mobilitätsfrage im ländlichen Raum hinreichend zu lösen. Somit wird die Alleinfahrt im eigenen PKW wegen der gefühlten höheren Sicherheit und des höheren Komforts wohl regelmäßig vorgezogen. Aber auch Fahrgemeinschaft unter Kollegen / Nachbarn, wo man sich kennt und vertraut, können zum Teil eine Ergänzung sein. Ansonsten wird man professionelle Fahrer (z.B. Taxis) als Ergänzung zum ÖPNV vorziehen gegenüber dem Angebot unbekannter privater Fahrtangebote. 

Quelle: "Ridesharing in ländlichen Räumen – ein Baustein für die Mobilität auf dem Land?"