Einem Artikel in "Citylab" (s.u.) zufolge, will die schwedische Regierung Nachtzüge als kostengünstige und umweltschonende Reiseart wiederbeleben, um Schwedens angestrebten Status als "fossilfreies Wohlfahrtsland" zu festigen.

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Im Bestreben, den massiven CO2 Fußabdruck des Transportwesens zu reduzieren, will Schweden einen Klassiker aus dem 20. Jahrhundert wiederbeleben: Nachtzüge auf dem Weg von Schweden zum Europäischen Festland. Dafür will man 53 Millionen Kronen investieren (ca. 5 Millionen €). Nicht nur, um den CO2 Ausstoß zu verringern, sondern auch, um der aussterbenden Spezies "Nachtzüge" wieder neues Leben einzuhauchen. Sie waren überall Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen. Schweden will sich als "fossilfreier Wohlfahrtsstaat" beweisen. Deshalb soll dem neuen Trend Rechnung getragen werden, in Urlaub und zur Arbeit umweltschonend zu reisen. Es gilt zunächst die Routen, die am meisten Nachfrage versprechen, herauszufinden. Darüber hinaus auch Anbieter, die diese Routen bedienen können. Hier kommt z.B. die nationale Eisenbahngesellschaft SJ (Statens Järnvägar) in Betracht, die bereits eine Nachtzugstrecke von Stockholm nach Narvik (Norwegen) betreibt. Sie will allerdings noch ein Jahrzehnt warten, bevor sie Europas Kontinent bedient, weil dann voraussichtlich die Nutzung eines Tunnels (Fehmarn Belt Fixed Link) möglich wird. Er wird die Teilstrecke von Kopenhagen nach Hamburg von fünf auf zwei Stunden reduzieren (durch einen 11 Meilen langen Tunnel). Allerdings wollen Schwedens Grüne nicht so lange warten und liebäugeln auch mit dem Carrier Snälltåget, der bereits eine Nachzugstrecke von Malmö nach Berlin anbietet. 

Die ÖBB hat bereits die von der Deutschen Bahn AG stillgelegten Strecken teilweise übernommen. Entgegen dem Trend, Nachtzüge aus Kostengründen vom Markt zu verdrängen. Dies hat zu einem Erfolg geführt, da der Bedarf durchaus vorhanden ist und dabei sogar Gewinne möglich sind. Nachtreisen ist immer noch populär. Obwohl es deutlich länger dauert als eine Flugreise, selbst wenn man Umstiege und Security mit einberechnet, kommt es dem Verlangen nach "Entschleunigung" entgegen. Man kommt ausgeruht am frühen Morgen an, statt sehr früh am Morgen eilig zum Airport zu hasten. Da die Hotelkosten eingespart werden, wird für den rechnenden Geschäftsreisenden auf der Strecke Wien-Berlin selbst der Preis  von 139 € (one-way) zum Schnäppchen. Mit individuellem Abteil, Toilette und Bad. Leute mit schmalem Geldbeutel können bereits für 29 € die Strecke bewältigen, wenn auch nicht ganz so komfortabel (nur Recliner-Sitz). 

Da es noch keine Streckenfestlegung gibt, ist es schwer, den Erfolg vorauszusagen. In Frage kommen nord-europäische Städte, wie Hamburg, Berlin, Frankfurt und Amsterdam oder auch weiter entfernt liegende Städte wie Brüssel oder Prag. Dabei wird dieses Angebot eher eine Nische im Reiseangebot sein als ein harter Wettbewerbsfaktor. Die Vorstellung, dass Züge voller Leute über Nacht auf den Schienen rattern, erscheint eine Vision aus der Vergangenheit. Sie kann aber - gerade in Anbetracht der ökologischen Verdienste - auch eine Vision für die Zukunft sein.

Nachtzüge haben - wie Hochseefähren - die Eigenschaft, gegenüber normalen Fern- oder Hochgeschwindigkeitszügen relativ langsam zu sein. In Auskunftsystemen mit Schwerpunkt "kurze Reisezeiten" erscheinen daher oft Nachzug- und Fährverbindungen nicht. Dieser Problematik hat sich das MOTIS-Team schon 2005 gewidmet.

Siehe "Why Sweden Wants to Revive Europe’s Night Trains